Ich glaube nicht, dass es sowas wie „Gemeinschaftsmenschen“ gibt  und solche, die es nicht sind. JEDER Mensch ist seiner Natur nach ein Gemeinschaftswesen.

 

Doch gibt es verschiedene Aspekte, die einen Menschen mehr oder weniger „in die Lage versetzen“, Gemeinschaft wirklich leben zu können oder (eher) nicht.

 

Wie „die Jungfrau zum Kinde“ kam ich das erste Mal zu „Gemeinschaft“, zum gemeinsamen Wohnen über eine spontane Idee und einem „zur Verfügung stehenden“ Haus. Es gab keinen Plan, nur eine Idee und Entscheidungen. Es war eine ausgesprochen lehrreiche, hilfreiche, schöne, lebendige und manchmal „Zum verzweifeln-“ Zeit. REICH war sie alle male, ich möchte sie nicht missen.

Seither lässt mich dieses Thema nicht mehr los. So lebte ich in 2 „Gemeinschaften“, schaute mir etliche an, las und unterhielt mich viel darüber, war in unzähligen Gruppen („temporäre Gemeinschaft“) als Teilnehmer wie als Leiter. Sonst war ich eher viel allein oder in der „typischen Zweier-Gemeinschaft“ … die sicher KEINE ist.

Das wurde mir relativ schnell klar. Sie ist unbewusst oft eher „heimliche Verschwörung“ gegen „Gemeinschaft“ = Familie. Der hilflose Versuch, kindliche Defizite aufzufüllen – mit völlig „veralteten“ und ungeeigneten „Vor-Stellungen“.

 

Was mir in den Jahren „gelebter Gemeinschaft“ klar wurde:

Gemeinschaft braucht ALLE Fähigkeiten und Ressourcen ALLER Mitglieder, es geht also sicher nicht darum, sich „der Gemeinschaft“ aus alten Mustern heraus „anzupassen“, sich klein zu machen und zu verstecken! Im Gegenteil. Fordert „die Gemeinschaft“ dies, ist offensichtlich, dass alte Familiengesetze die „Gemeinschaft übernommen“ haben. Dies so zu belassen bedeutet das Ende dieser „Gemeinschaft“, die dann bereits auch keine mehr war.

Blühen einzelne Mitglieder in einer Gemeinschaft auf, kommen sie also in ihre „ureigenste“ Kraft, ist das für andere, die noch stärker an den „stillen gesellschaftlichen Übereinkünften“ und Familiengesetzen festhalten, eine massive Herausforderung oder unüberwindlich, dies zu akzeptieren UND zu lernen.

Ist es unüberwindlich, eine Lernbereitschaft nicht „gegeben“ für einen Teilnehmer, wird dieser die Gemeinschaft verlassen. Sein innerer Konflikt würde unerträglich, v.a. für ihn.

So habe ich im Folgenden aus meinen Erfahrungen heraus mal zusammengefasst, was ich als wichtigste, Gemeinschaft fördernde und hemmende Aspekte erlebte.

 

 

Was sind Ein-/Vorstellungen, Lebenssituationen, Weltbilder, Sichtweisen, Haltungen, Wünsche … bei Menschen, die das Wachstum von Gemeinschaft meist fördern?

  • „Wunschlos glücklich“
  • Gut für sich selbst sorgen, gut alleine sein können
  • Freude am Lernen/im Zusammensein in Gruppen/mit Menschen
  • Offenheit und Flexibilität bzgl. Neuem
  • Hoher Selbstwert, somit große Konflikt- und Kritikfähigkeit
  • „gesunder“ Umgang mit Aggression
  • sich zeigen, Aktivität (Handeln)
  • Hohe Selbstreflexion und Präsenz
  • Hohes (Selbst-) Bewusstsein
  • Zeit
  • Vertrauen
  • Wunsch nach Gemeinschaft, um von Herzen erfüllt zu geben („gerne wie Opa und Oma dem Enkel“) und mit anderen zu erleben und sein
  • Innere Ruhe, angekommen sein
  • Verstehen und „Kennen“ des „Wertes“ von Gemeinschaft
  • Erfahrungen mit Gemeinschaft und in der „Arbeit an sich selbst“
  • Bewusstheit darüber, wie überaus anstrengend, zermürbend und grenzwertig Gemeinschaftsentwicklung sein kann UND wie zutiefst erfüllend und einfach SCHÖN

 

Was sind Ein-/Vorstellungen, Lebenssituationen, Weltbilder, Sichtweisen, Haltungen, Wünsche … bei Menschen, die das Wachstum von Gemeinschaft meist hemmen?

  • JEDE VORSTELLUNG von Gemeinschaft (noch mehr, wenn sie ohne eigene Gemeinschaftserfahrung  besteht)
  • Überwiegend negative Erfahrungen in der Familie als erste „Gemeinschaft“
  • Der Wunsch nach „Freiheit“ und „Selbstverwirklichung“
  • Feste „Lebensplanung“ (Vorstellung, wie sein Leben verläuft)
  • Karrieredenken
  • Ich muss alles selber machen
  • Misstrauen
  • sich zurücknehmen, Passivität („Abwarten“)
  • Geringer Selbstwert, „Überempfindlichkeit“, somit geringe Konflikt- und (Selbst-) Kritikfähigkeit
  • Flucht vor Aggressionen
  • Getriebenheit
  • Suche
  • In der Arbeit oder etwas ähnlich Zeitbestimmendem „aufgegangen“ zu sein
  • Unverarbeitete Ängste und sonstige Emotionen in Bezug auf Menschen
  • Geringe Lernbereitschaft im Kontakt mit Menschen
  • Geringe Selbstreflexionsfähigkeit (unbewusstes Festhängen in Kindheitsmustern)
  • Geringe (Selbst-) Bewusstheit
  • Geringe (Selbst-) Erfahrung
  • Geringe Entwicklung seiner inneren Ressourcen und Fähigkeiten
  • Brauchen, wollen, wünschen, fordern …
  • Der Wunsch, insbesondere „im Alter“ nicht alleine zu sein
  • Die Idee, dass die Gemeinschaft für einen sorgt („es“ anderen überlassen)
  • Romantische Vorstellungen von Gemeinschaft
  • Leben in „trauter Zweisamkeit“

 

Diese Listen jetzt bitte nicht in Wertungen von „gut und schlecht“ „einpacken“!

Doch muss ich, will ich etwas „Neues anpacken“, einigermaßen wissen, „wo ich bzgl. des Neuen aktuell stehe“. Was meine Fähigkeiten und was meine Defizite dabei sind. Erstere kann ich sofort nutzen, Zweitere muss ich erst „auffüllen“. Dazu braucht es einen Lernprozess.

 

Und so sehe ich einen – wenn überhaupt bestehenden – Weg zu Gemeinschaft entsprechend:

in erster Linie als große bis extreme Herausforderung und als Lernfeld. Alleine für sich und immer wieder mit den anderen.

Das „muss“ man schon wirklich WOLLEN, sich dafür entscheiden. Auch wenn man es vorher – v.a. ohne ausreichend vorherige Erfahrung – gar nicht wirklich absehen kann, WAS man da „will“. Auf was man sich da einlässt.

Oder man ist (völlig) unbedarft.

 

Erst in zweiter Linie kann die Annahme dieser Herausforderung in Annäherung dazu führen, was „Stammsein“ einst in Urzeiten der Menschen mal war. Hierbei sehe ich als erstes die Kinder, die dem „Stammsein“ von „Natur aus geboren“ sehr nahe sind. Und mit ihnen ein wirkliches MIT EIN ANDER von allen und allem.

Mit Freuden und Sorgen, mit Feiern und Alltag.

 

Mehr ist und braucht Gemeinschaft, „Stammsein“ nicht.

Ein mehr ist meist nur Kompensation für „verlorenes Leben“.