Forum wider die innere Vereinsamung und für die Stärkung und Entwicklung von Männern

1. Die Gemeinschaft braucht reife und liebende Männer
Bereits in anderen Artikeln schrieb ich über meine leid- und lustvollen Erfahrungen als Mann. Im Mai dieses Jahres schloss ich meine Ausbildung zum „Initiatorischen Friedensarbeiter für Männer“ nach Gregory Campbell – seit vielen Jahren initiatorischer „Männerarbeiter“ aus Amerika und inzwischen Zenmönch“ – ab.

Mit neuen Impulsen aus dieser Ausbildung und meinem Erfahrungsschatz als Mann bin ich nun nach einer schöpferischen Pause bezüglich Männerarbeit dabei, anderen Männern ein Forum für ihre eigene Entwicklung als Mann anzubieten.

Ich teile folgendes Gefühl inzwischen mit mehreren Männern:
es ist an der Zeit und dringender denn je, dass wir Männer wieder unseren naturgegebenen Platz in der Gemeinschaft einnehmen! Ohne reife und liebende Männer, jenseits ihrer aus kindlichen Verletzungen geborenen Egogefühlen und Egoverhaltensweisen, kann eine Gemeinschaft auf Dauer nicht bestehen.

2. Die Herausforderung: im „Ur-Wald des Mannseins“
Meine eigene Erfahrung:
Es ist eine immense Herausforderung, sich auf den Weg zu einem reifen und liebenden Mann zu machen. Sich in den „Ur-Wald“, den „Ur-Zustand des Mannseins“, zu begeben.
Es gehört wohl dazu, sich immer und immer wieder in diesem unendlichen „Ur-Wald“ an Gefühlen, Verletzungen, Ängsten, Unsicherheiten, Schwächen, Mustern, Abwertungen, Abwehr, Konkurrenzgedanken, Glaubenssätzen, Vorstellungen, Gewohnheiten, Überheblichkeiten, Wünschen, Bedürftigkeiten, kindlichen Verhaltensweisen, Trieben…zu verlaufen, nicht weiterzuwissen, scheinbar festzusitzen, sich (in seiner gesamten Existenz) bedroht zu fühlen oder sich nur im Kreise zu bewegen, völlig hilflos den „Umständen“ ausgesetzt sich zu erleben, schier zu verzweifeln…
Oft bleibt einem nix mehr anderes übrig, als einfach weiterzulaufen, obwohl völlig orientierungslos. Oder einfach in der Resignation zu verweilen. Bis der nächste Impuls folgt.

Mann o Mann, was für ein Wahnsinn!

Einmal in den „Ur-Wald“ gelangt, verändert das ein Männerleben erheblich und unwiderruflich. In einer Krise möchte „Mann“ ja, dass sich was verändert. Möglichst schnell – damit das innere Chaos aufhört! Die Angst vor der Veränderung ist jedoch meist genauso groß! „Mann“ will eigentlich, dass das Alte wieder kommt. Doch das ist ein für allemal vorbei. Es ist endgütig an der Zeit, die Kindheit sterben zu lassen und erwachsen zu werden. Irgendwann gewöhnt „Mann“ sich daran und will tatsächlich nicht mehr zurück…

„Umwege erhöhen die Ortskenntnisse“. Dieser Satz beschreibt wohl am besten den Sinn dieses oft jahrelangen, sinnlos erscheinenden Prozesses des „blinden Umherirrens“.
Ich muss den „Ur-Wald“ erst kennen lernen, um mich in ihm zurechtzufinden. Oft alleine, oft mit anderen Männern. Ich werd ihn nie ganz kennen. Mein Wissen über ihn wird immer relativ sein. Er ist einfach endlos und verändert sich ständig.
Doch irgendwann kannte ich mich in ihm gut genug aus, um einen Umgang mit und ein Leben in ihm gefunden zu haben. Dachte ich zumindest. Dann doch wieder nicht.

„Es“ ist unberechenbar. Entzieht sich meiner ach so gewohnten, kopfgesteuerten Logik und Berechnung.
Und doch: dieser „Ur-Wald“, der mir zuvor fremd, entsetzlich beängstigend und bedrohlich erschien, ist mir jetzt schon eher vertraut und Heimat. Ich kann seine Früchte, seinen Schutz, das Erleben von Geborgenheit und Gemeinschaft in ihm, sein ausgleichendes und nährendes Klima, seine Leichtigkeit auf großen sonnenbeschienenen Lichtungen, seine Fülle, seine Vielfalt, seine Verspieltheit, seine pure Lebendigkeit, Lust und Intensität…langsam genießen. Mehr und mehr.

3. Die zweite Geburt für Männer: Ablösung von der Mutter
Um ein reifer, liebender Mann zu werden, braucht es ganz männereigene Entwicklungsprozesse. Denn wir Männer haben uns mit einem ganz speziellen Thema herumzuschlagen:
erleben wir uns mit der fast ausschließlichen Versorgung als kleiner Junge durch unsere Mutter (bestenfalls Mutterbrust, körperliche und emotionale Zuwendung) meist noch in einigermaßen natürlichen Verhältnissen, wird es mit steigendem Alter immer schwieriger: die (emotionale) Versorgung und liebevolle Führung durch den Vater fehlt! Ohne den Vater oder andere erfahrene Männer ist die Ablösung von der Mutter nicht möglich.
Stämme längst vergangener Zeiten wussten:

Ein mann wird nur durch MÄNNER zum MANN!

Bleiben Mädchen ihrer Natur nach beim selben Geschlecht, von dem sie geboren und (emotional) genährt wurden, also bei den Frauen, müssen wir Männer von Natur aus einen Wechsel zu den Männern, eine „Zweite Geburt“ vollziehen.

Eine wirklich vollständig durchlebte Ablösung von der Mutter unterscheidet den MANN vom mann, vom „Großen Jungen“.

Um als Mann überhaupt das (natürliche) Bedürfnis zur Ablösung wahrnehmen zu können, braucht es erst einmal eine eigene „Idee“ davon! Dann die Bereitschaft, etwas verändern zu wollen.

4. Nicht abgelöste Männer: frauenorientiert und männermeidend
Die nicht vollzogene Ablösung von unserer Mutter und die (emotional) weitgehende Abwesenheit unseres Vaters und anderer Männer lässt uns bzgl. Gefühlen stark frauenorientiert und anderen Männern gegenüber eher vorsichtig und taktierend werden.
Wir teilen Emotionalität – wenn überhaupt – weitgehend nur mit Frauen, haben kaum emotionale Erfahrungen im Kontakt mit Männern und somit kaum Vertrauen zu ihnen. Wir begegnen Männern eher als Konkurrenten, statt als Verbündeten unseres eigenen Geschlechts.
Wir können somit von selbst meist nicht nachvollziehen, warum wir überhaupt von Männern (emotionale) Unterstützung brauchen sollten. Und so suchen wir sie erst gar nicht!

Der „Einsame Wolf“ geht weiter alleine seiner Wege!

Erschwerend kommt hinzu:
Durch unsere enge Beziehungsgestaltung zur Partnerin/zu Frauen und die starke zeitliche und energetische Vereinnahmung durch unsere Arbeit, bleibt uns – zumindest innerlich – gar kein Raum mehr für uns selbst. Das „passiert mit unabsichtlicher Absicht“: wir suchen (zunächst) gar keine Veränderung.

5. Ablösungskrise
Doch „die innere Natur des Mannes“ ist sehr oft stärker:
Aus dem natürlichen Ablösebestreben des Mannes von der Mutter resultiert unbewusst ein innerer Rückzug von der Partnerin/von Frauen. Der Wunsch nach sexueller Begegnung mit Frauen geht mehr und mehr ohne innere Nähe zur Frau einher und dient eher der sexuellen Befriedigung. Das fehlende Vertrauen zu Männern und fehlende Freundschaften lassen schließlich viele Männer auch innerhalb einer Partnerschaft mehr und mehr vereinsamen. Das lässt sich auch nicht durch eine „Neue“ oder die eine oder andere Liebhaberin vermeiden.
Letztlich führt dieser Prozess zu ernsthaften Krisen und darin zeigt sich dann die ganze Einsamkeit von uns Männern und unsere Hilflosigkeit im Umgang mit Gefühlen und mit unserer Rolle als Mann besonders deutlich. Das alte Männerweltbild zerbricht in tausend Teile. Und kein neues ist in Sicht!

Viele Männer machen besonders nach der ersten großen Trennungskrise zunächst einen auf „Hänschen klein, ging allein…“, um zuletzt wieder zur „weinenden Mutter“ heimzukehren. Das Spiel beginnt von vorne…

Dies gilt es erst einmal zu erkennen. Nicht ganz leicht. Und dann die Spielregeln zu verändern. Echte „Knochenarbeit“.
Das was Männer aber auch ganz gut leisten können!

6. Was ist männlich? Männliche Archetypen
Muss ich denn als Mann alles alleine probieren oder kann ich aus der Erfahrung anderer Männer schöpfen?
Wie machten es denn die Männer vergangener Jahrtausende? Als Ritter, Krieger, Könige, Helden, Tyrannen, Ehemänner, Väter, Liebhaber, Bauern, Handwerker…? Wie ging es ihnen dabei?
Wir tun gut daran, unseren Ururahnen „auf die Schliche zu kommen“. Auch diese waren einst reale Männer aus Fleisch und Blut und prägten unser „Mannsein“ mit.

Das bringt uns zu den männlichen „Archetypen“.
Das sind sozusagen „die essentiellen Extrakte“ aus sämtlichen Lebenserfahrungen und Verhaltensweisen aller Männer, die jemals auf dieser schönen und weniger schönen Erde ihr Leben als Männer gelebt oder auch eher vermieden haben.
Also das, was an der Art als Mann zu leben typisch war und ist. Das, was das Leben von Männern seit Jahrtausenden im Wesentlichen ausmacht(e).
Ob man diese Art zu leben/gelebt zu haben nun als gut oder schlecht bewertet.

Diese „essentiellen Männerlebensextrakte“ ordnet man den 4 männlichen Archetypen zu. Als da sind: der Krieger (Kämpfen, Siegen..), der Liebhaber (Frauen, Sexualität..), der König (führen, herrschen..), der Magier (Wissen, Weisheit, Erfahrung..). Jeder Mann hat unabhängig von seiner sozialen Stellung das Potenzial aller 4 Archetypen in sich. Mit individuellen Schwerpunkten. Und meist einem großen Maß an Ungleichgewicht.
Ihre Erfahrungen haben all diese Männer – auch unsere Väter und wir selbst – in einer Art „kollektivem Bewusstsein“, einem „geistig-seelischen Internet“, in der „Arche Noah“ auf irgendeine geheimnisvolle Art und Weise abgespeichert und überliefert.
Zugang zu diesem „kollektiven Bewusstsein“, zu diesem „Lebenserfahrungsschatz“ all unserer Väter und Vorväter hat „mann“ meist nur unbewusst, z.B. in Träumen, auch in Rauschzuständen oder bei Fieberkrankheiten.

Und noch ganz unmittelbar als kleine Jungs!

7. Eigen-Sinn und Führung
Auch so mancher „alte Mann“ weiß um diese Archetypen. Die Schwierigkeit dabei ist, dass junge Männer, die nicht mehr innerhalb eines (natürlichen) Führungsrahmens durch andere Männer aufwachsen (fehlende Väter oder andere verlässliche männliche Bezugspersonen!), erst mal so einiges selbst, alleine, erfahren müssen, um dann eine gewisse Empfänglichkeit für das alte Wissen zu bekommen.

So ist der Mann nun mal auch, zumindest in jungen Jahren:
er will es besser wissen, gibt sich mit Vorgegebenem nicht zufrieden. Im richtigen Maß und in einen intakten sozialen Rahmen eingebettet, führt das zu Weiterentwicklungen und Innovationen.
Eigensinn und Besserwisserei aufgrund fehlender sozialer Geborgenheit und Führung, lässt jedoch meist wenig gereifte, sich völlig überschätzende und überhebliche „Jungmänner“ zurück. Sie blieben einfach zu sehr sich selbst überlassen.
Und noch was macht Männer aus: sie wollen führen und/oder geführt werden. Doch da ist keine dem „Wesen Mensch“ gerecht werdende Führung mehr in den meisten Kulturen. Das macht sich der „größte Männerverein der Welt“ zu Nutze und gibt seine primär machtorientierten Schritte vor. Links..recht..links..rechts.. Ebenso die Wirtschaft (Haupt-„Führungsmittel“ ist die Werbung), die Politik.

Tja, Männer wirklich in natürlich-gemeinschaftlichem Sinne zu führen, auch sich selbst als Mann (sich somit auch führen zu lassen), will echt gelernt sein.
Dabei geht es aus der Natur des Menschen als soziales Wesen nie um Macht, sondern immer um die „bestmögliche Nutzung der Fähigkeiten der Stammesmitglieder“. Also immer um die Gemeinschaft. Der/die mit den besten Führungskompetenzen führt eben. Ohne jedoch anderen „seins“ („Ego“) aufzuzwingen.
Das soziale Miteinander entschied in Zeiten, in denen Menschen noch unmittelbar von der Natur abhingen (menschheitsgeschichtlich gar nicht lange her!), wohl sehr schnell zwischen Überleben und Untergang eines Stammes.

8. Männergruppe: Möglichkeiten zur Mannwerdung
„mann? OH! MANN!“ bietet Männern nun einen Rahmen, in dem langen Prozess der Mannwerdung erste und weitere Schritte zu machen.

Dabei geht es nicht um einen „Schnellkursus zur Mannwerdung“, sondern darum, überhaupt erst einmal ein Gefühl für uns als Männer zu bekommen, Vertrauen zu Männern zu gewinnen, unsere liebevoll-männliche Art und Weise zu entdecken, zu reifen…um als Männer mehr und mehr unseren naturgegebenen Platz in der Gemeinschaft mit Männern, Frauen und Kindern einnehmen zu können.

Wie weit und wie lange der einzelne seinen Weg in dieser Männergruppe gehen will, wird er selbst spüren und entscheiden.

Ich begrüße jeden Mann dazu herzlich und begleite ihn gerne mit den anderen Männern ein Stück des Weges durch seinen „Ur-Wald des Mannseins“…