Auf welche Weise ist es wirklich förderlich, Kritik zu üben? Generell und speziell bei uns Männern?
Ich frage nicht zuletzt aus eigener Erfahrung. Ich weiß um meine eigene Empfindlichkeit und die vieler anderer Männer gegenüber Kritik. Wurden wir doch schon als Jungen angehalten, ja nix verkehrt zu machen und wenn, es nicht zuzugeben. So bin ich beim Kritisieren meist vorsichtig, zurückhaltend und sehr um Verständnis bemüht. Und sehr ängstlich, manchmal abwehrend und um meinen Selbstwert ringend beim Kritisiertwerden.
Wichtige Aspekte bei diesem Thema sind die Schonhaltung und die Kritikfähigkeit.
Aus Angst vor unangenehmen(aggressiven) Reaktionen „schonen“ sowohl Männer als auch Frauen die Menschen, die empfindlich auf Kritik reagieren. Das heißt, sie sprechen nicht aus, was ihnen auf dem Herzen liegt. Hier fehlt beiderseits Kritikfähigkeit.
Kritikfähigkeit ist aber Voraussetzung für Veränderungen, Lösungen, Verbesserungen.
Wie kann also Kritik so (wohlwollend) gestaltet werden, dass sie auf fruchtbaren Boden fällt?
Vielleicht sollte man auch ein anderes Wort dafür (er-)finden? Viele fühlen sich schon alleine durch dieses Wort angegriffen. Vielleicht wäre das Wort „Aussprache“ geeigneter. Denn darum geht es eigentlich: auszusprechen, womit man mit einem oder mehreren Menschen in einer bestimmten Situtation Probleme hatte.
Ganz wesentlich sehe ich dabei, was die Innere Haltung desjenigen ist, der mich kritisiert. Will er mich nur beschuldigen und verurteilen oder sucht er ehrlich nach einer Lösung in unser beider „Beziehungsstörung“? Dahinter steckt wohl die kindliche Angst, ob „Mama“ oder „Papa“ mich auch noch lieben, wenn ich etwas „falsch“ gemacht habe. Vielen wird diese Angst nicht fremd sein.
Ich sehe es als ein sehr wichtiges, weil ganz alltägliches Thema, das am liebsten umgangen wird. Nicht nur in den Beziehungen, auch am Arbeitsplatz, unter Freunden, in Männergruppen. Schade!
„Stein des Anstosses“ war ein geplanter Ausflug, der eigentlich per Boot auf der Moldau nach Krumau gehen sollte. Mit Zelten und Lagerfeuer.
Die Idee war geboren. Doch die Umsetzung war sehr schwierig und anstrengend. Das Ergebnis war ein schöner Wanderausflug an der Ilz.
Nachträglich wurde klar, woran es gelegen hatte, dass die Geburt so schwer war: mehrere von uns Männern waren nicht wirklich ent-schieden für diese Paddeltour. Nach und nach stellte sich das raus, was von Anfang an da war. So veränderte sich langsam sowohl die Anzahl der Männer, wie auch der Inhalt unseres Ausfluges.
Als die Ursache für dieses Problem sehe ich es an, nicht zu wissen, was man wirklich will!
Und wer kennt diesen „Zustand“ nicht? Ich denke es liegt daran, dass wir schon als Kind verlernt haben, zu wollen weil wir „nicht wollen haben dürfen“! Das ist für mich der tiefere Zusammenhang zu so manchem unentschiedenem Verhalten. Und wenn man nicht wollen darf, darf man auch nicht nein sagen.
So trifft man zu schnell halbherzige „Entscheidungen“, weil man einerseits noch nicht wirklich weiss was man will, andererseits andere nicht „enttäuschen“ will! Gerade in Gruppen spielt dies oft durch die stark mitreissende Gruppendynamik eine wesentliche Rolle.
Hätten die „Unentschiedenen“ gleich gespürt, dass sie gar nicht wirklich mitwollten und einfach Nein gesagt, wäre die Geburt um ein Vielfaches einfacher und frustärmer gelaufen.
So braucht es meiner Meinung nach einerseits genügend Zeit für den Entscheidungsfindungsprozess, andererseits irgendwann eine definitive Ent-Scheidung, unabhängig davon, inwieweit ich mir wirklich klar darüber geworden bin, was ich will oder nicht.
Das ist es, was ich mir wünsche:
Meine eigene Ent-schiedenheit und ent-schiedene Männer und Frauen die JA und NEIN sagen dürfen! Und Ent-Scheidungen aus ganzem Herzem treffen. Und das ist erlernbar.
Ich hoffe nun, das sich keiner der betroffenen Männer angegriffen fühlt und wenn doch, mir ehrlich mitzuteilen, worin er einen Angriff erlebt. Ich bin am Lernen! 🙂 Danke!
Besonders schön finde ich den Gedanken, das Wort „Kritik“ öfter durch „Aussprache“ zu ersetzen. Und es damit im wörtlichsten Sinne zu verstehen, wie du es auch beschrieben hattest.
Tatsächlich ist die Angst vor dem Abgelehntwerden eine der größten und das zieht sich durch alle Altersgruppen und Berufe hindurch.
Es scheint, als ob wir da doch alle „gleicher“ wären als gedacht.
Schöner Beitrag, viel zum Nachdenken. Danke schön.
Alexandra
Der Mangel an Kritikfähigkeit ist durch den Mangel an Selbstwert bedingt. Jemand, der einen gesunden hohen Selbstwert hat, trennt die Kritik von seiner Person sprich er denkt von sich, dass er im Grunde ein wertvoller und liebenswerter Mensch egal was Andere über ihn sagen. Er würde sich der Kritik dann interessiert zuwenden und sagen: „Interessant, dass Du das kritisierst, so habe ich das noch nie gesehen“ und nicht gleich beleidigt und verletzt alles von sich weisen. Jemand mit einem niedrigen Selbstwert fasst Kritik gleich als Angriff auf die eigene Person auf, als „Entwertung“ selbst wenn die Kritik sehr diplomatisch vorgebracht wird. Für mich gibt es nur eine Lösung: an seinem Selbstwert arbeiten…